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IBAES VII
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Martin Fitzenreiter
Einleitung. Das Heilige und die Ware. Überlegungen zum Nexus von Religion und Ökonomie
Die Einleitung setzt sich aus drei Teilen zusammen. In Teil I werden Thesen diskutiert, die den Teilnehmern am Workshop vorab zugingen. Die erste These setzt sich mit der kulturellen Bewertung von Ökonomie auseinander, die besonders in der westlichen Kultur gern als Gegensatz zur Religion gesehen wird. Die zweite These widmet sich der Frage, ob es primär ökonomische oder religiöse (kulturelle) Parameter sind, die den Charakter einer Gesellschaft bestimmen. Die dritte These widmet sich dem Problem der Definition von Ökonomie als der Summe der gesamtgesellschaftlichen Arbeit und der Art der dabei zu erwerbenden symbolischen und dinglichen Kapitalien.
In Teil II werden die Beiträge des Bandes vier hauptsächlichen Themenkreisen zugeordnet, die sich als Schwerpunkte der Diskussion herauskristallisierten. Ein erster Themenkreis war die allgemeine Perspektive auf das Problem des Zusammenhangs von Religion und Ökonomie. Dabei kann sowohl der religiöse Aspekt eines Phänomens als Ausgangspunkt der Beschäftigung stehen, als auch der ökonomische. In jedem Fall werden von den Forschern unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und unterschiedliche methodische Zugänge entwickelt. Die folgenden zwei Themenkreise stellen ökonomische Phänomene in den Mittelpunkt, die im Umfeld religiöser Praxis angesiedelt sind. Erstens die Rolle von sakralen Orten als Kristallisationspunkten ökonomischer Praxis: als Standortfaktor, Zirkulationszentren und ökonomische Institutionen; und zweitens die ökonomische Bedeutung, die Gaben/Opfer im Kult entwickeln: als Votive, als Stiftungen und schließlich bei der Definition von Besitzverhältnissen. Der letzte Themenkreis beschäftigt sich mit der Bedeutung, die einerseits Religion für ökonomische Prozesse besitz: durch Stimulierung und Rahmensetzung („Ermöglichung“) von Produktion, Zirkulation und Konsumption; und die andererseits Ökonomie für Religion hat: durch die Stimulierung der religiösen Konzeptualisierung von Handlungsfeldern, was zur Generierung von Kulthandlungen, Kultplätzen und Göttern führt.
In Teil III wird abschließend versucht, den Nexus von Religion und Ökonomie auf einer eher abstrakten Ebene zu erfassen. Es werden aus soziologischem Blickwinkel drei praktische Felder dieser Verbindung herausgestellt: der Einfluss von religiösen Institutionen und Vorstellungen auf das Feld der dinglichen Ökonomie / Wirtschaft; sodann die Betrachtung religiöser Praxis selbst als ein Feld ökonomischen Handelns im Sinne der Produktion von Heilsgütern; und schließlich die gegenseitige Aufhebung von religiösen und ökonomischen Aspekten in einem Feld der allgemeinen Konzeptualisierung von menschlichem Handeln. Diesem Modell wird eine religionswissenschaftlich orientierte Perspektive gegenübergestellt, aus der heraus zwei religiöse Handlungsfelder als konstitutiv für ökonomische Vorgänge angesprochen werden: das eher allgemeine Element der Sakralisierung, d.h. der Verbegrifflichung im Rahmen religiöser Praxis, und – im interessierenden Zusammenhang spezifisch – der Akt der Gabe, der eine ursprüngliche Form von Mehrwert generiert, die nur in sakraler Weise konzeptualisiert werden kann. 
Die Einleitung wird gefolgt von einer kritischen Evaluierung des Themas und der Herangehensweise durch
Malte Römer:Fragen und Antworten zum Anliegen der Tagung “Das Heilige und die Ware”.

The introduction is composed of three parts. Part I presents three theses communicated to the participants of the workshop in advance. Thesis One deals with the cultural evaluation of economy, in western society often judged to be in opposition to religion. Thesis Two discusses approaches to the question, whether the character of society is determined by economical or by religious (cultural) parameters. Thesis Three is devoted to the definition of economy as the totality of social productivity and discusses the character of the accumulated symbolic and material capital.
In Part II the articles published in the volume are grouped around four main topics. A first topic is formed by general perspectives on the nexus of religion and economy, using either the religious aspect or the economic as point of departure. In each case scientists will weight there results differentely and use different methodological approaches. The following two topics center around economic phenomena rooted in the context of religious practices: Around the function of sacred places as points of crystallization of economic practice: as location factor, centre of circulation and economic institution; and around the economic significance of donations/offerings in the cult: as votives, foundations and as means of the definition of property rights. The final topic deals on the one side with the significance of religion for economic processes: stimulating and producing a general setting for production, circulation and consumption of symbolic and material gods; and the significance of economy for religion on the other side: stimulating religious conceptualization of practical processes and thus generating cults, cult places and gods.
Part III tries to define the nexus between religion and economy on a more general level. From a sociological point of view, three practical fields of interaction are discussed: first, the influence of religious institutions and concepts on the field of material economy; second, the view on religion itself as a field of economic practices directed on the production of symbolic values (Heilsgüter); finally, the dialectical abolition of religious and economic aspects in a field of general conceptualization of human practices. This model is confronted with a perspective from science of religions, defining two fields of religiously orientated practices as fundamentally related to economic activities: the more general field of sacralization (the conceptualization in the frame of religious practice) and the specific act of donation which generates a fundamental kind of surplus which can be conceptualized only in sacral terms.

The Introduction is followed by a critical examination of the general topic and approach by
Malte Römer: Fragen und Antworten zum Anliegen der Tagung “Das Heilige und die Ware”.

Jörn Ahrens
Überwachen und Arbeiten. Probleme der Arbeitsreligion in Alien 3
In der Moderne nimmt das Arbeitsverhältnis die Funktion eines Sinnproduzenten für die Individuen ein. Aus der unmittelbaren Beziehung zur Arbeit schöpfen sie den Wert und den Sinn ihrer Existenz. Unter den Produkten der Populärkultur stellt David Finchers Film Alien 3 ein Beispiel für die Illustration des Zusammenhangs von Arbeit und Religion dar. Auf einem als Arbeitslager dienenden Planeten bilden die Gefangenen eine religiöse, apokalytische Sekte; sie arbeiten in der Strafkolonie, leben keusch und betrachten sich als Teil einer kosmischen Theodizee. Unter Gesichtspunkten der Produktivität jedoch ist ihre Arbeitsleistung völlig sinnlos, weil sie nicht an den Markt angeschlossen ist. Vom Standpunkt der Arbeitsgesellschaft aus ist sie gar keine wirkliche Arbeit. Das Paradox der Verbindung von Arbeit und religiöser Lebensweise liegt hier scheinbar, wie Max Weber für die mönchische Lebensführung gezeigt hat, darin daß Arbeit unter den Bedingungen der Ökonomie zur Rechtfertigung vor Gott wertlos wird. Fincher bemüht in seinem Film konsequent das Bild einer Synthese aus mönchischer Askese und Arbeitsethik. Der mönchische Arbeiter benötigt kein Panoptikum zu seiner Disziplinierung und Überwachung mehr, weil er das Prinzip des Panoptikums verinnerlicht hat.

Within modernity labour holds the status as a maker of reason for the individuals. The latter shape the value and sense of their existence from their direct relation towards work. Among the products of popular culture, David Fincher’s film Alien 3 offers an example for the connection between labour and religion. The prisoners on a planet that serves as a work camp create an apocalyptical religion. These men work in the penal colony, they live chaste lives and consider themselves part of a cosmic theodicy. Yet, in terms of productivity their work remains completely senseless, as it is not part of the market. Therefore, from the view of a labour oriented society this labour is no real labour at all. As Max Weber has shown for the monastic way of life the paradox of a connection between labour and a religious life form lies in the fact that under the rule of economy labour itself becomes worthless as a source of justification towards God. In his film Fincher consistently draws on the image of a synthesis of monastic ascetics and labour ethics. The monk-like worker does not need a foucauldian panopticon for his disciplination and surveillance, because he has internalized the principle of the panopticon itself.

Martin Stowasser

Jesu Konfrontation mit dem Tempelbetrieb von Jerusalem – ein Konflikt zwischen Religion und Ökonomie?

Die Intention, die Jesus von Nazaret in Jerusalem bei seiner Aktion gegen das Tempelpersonal verfolgte, erlaubt ein breites Spektrum an Verstehensmöglichkeiten. Die Einzelhandlungen fügen sich sowohl in ein theologisch-kultisches wie ein ökonomisch-politisches Interpretationsmuster. Die Vernetzung mit Grundanliegen der Predigt Jesu von der hereinbrechenden Herrschaft Gottes lässt die ökonomische Variante, allerdings mit einer sozialkritischen Zuspitzung versehen, als die wahrscheinlichere bevorzugen. Jesu Option für die Armen trieb ihn zum Protest gegen ein profitorientiertes Kultsystem, das ärmeren Schichten die Ausübung ihrer Religion erschwerte. Indirekt schafft eine solche Intention Jesu aber auch einen positiven Platz für den Kult in Jesu religiösem Denken.

Jesus’ action in the Temple of Jerusalem offers different, quite opposite possibilities of interpretation. The specific attacks against the temple-officials may be understood either in a more political-economic or in a theological-cultic light. If we link this discussion with Jesus’ proclamation of the advent of God’s Reign the economic perspective combined with a here very specific social impetus is gaining ground. Opting for the poor, Jesus is moved to protest against an organisation of the temple-cult that is primarily orientated towards economic profit of a small group of priests and officials but threatens the religious duties of lower class people. In a certain way this opens a cultic perspective in Jesus’ religious horizon, too.

Heinrich Balz

Ahon, der Reichtumsbund
Oder Wie bei den Bakossi in Kamerun die archaische Langeweile abgeschafft wurde

Das Heilige und die Ware treffen auch in archaischer Gesellschaft, wo eine eigene Sphäre des Ökonomischen erst im Entstehen ist, aufeinander. Ahon, der Reichtumsbund bei den Bakossi im Waldland von Kamerun, der vordem religiös gedeutet wurde, wird hier als bewusste und intelligente Mystifikation wirtschaftlicher und materieller Interessen gedeutet. Er feierte aufwendige Feste mit vielen Schlachttieren und der Tötung von Sklaven als conspicuous consumption. Ahon veränderte und zerstörte teilweise in spätvorkolonialer Zeit eine ältere, bescheidenere heile Welt, weil diese den Bakossi zu langweilig geworden war.

The sacred and the commodity also meet in archaic societies where economy as a sphere of its own is only beginning to emerge. Ahon, the secret society of wealth of the Bakossi in the forest region of Cameroon, often seen as a religious association, is here interpreted as a deliberate and intelligent mystification of economic, material interests under a partly religious mask. It celebrated expensive feasts with extensive butchery and, sometimes, the killing of slaves as "conspicuous consumption". Ahon transformed and in a way destroyed an older simpler and harmonious world which at some point, was found by the Bakossi to be "too boring".

Amir Gilan

„Ist denn der Sinn von Menschen und Göttern irgendwie verschieden?“ – Zur Ökonomie, Religion (und Herrschaft) im hethitischen Anatolien

Soweit das hethitischen Quellenmaterial einen Urteil erlaubt, waren das „Religiösen“ und das „Ökonomischen“ in hethitischen Anatolien – so wie in andere antike Gesellschaften –  eng miteinander verzahnt. Dieser Eindruck entsteht jedoch z.T. auch durch die Besonderheit des hethitischen Quellenmaterial selbst. Während religiöse Texte in fast unüberschaubare Menge vorhanden sind, fehlen wirtschaftlichen und administrativen Dokumente fast völlig. Jedoch gerade der hethitischen Staatskult – der best dokumentierten Bereich des hethitischen gesellschaftlichen Leben – eignet sich hervorragend für eine Untersuchung der Vernetzung von Religion, Ökonomie und Herrschaft im hethitischen Anatolien.

In dem Beitrag werden einschlägige Texte vorgestellt, die Charakteristika des hethitischen Staatskultes nachzeichnen und seiner Einbettung in die sozialen Verhältnisse sowie in die herrschende Ideologie beschreiben. In diesem Zusammenhang werden die in der Literatur diskutierten „substantivistischen“ bzw. „formalistischen“ Ansätze bei der Beschreibung antiker Wirtschaft behandelt. Für die hethitische Gesellschaft lässt sich gewinnbringend das von Max Weber entwickelte Modell der „Patrimonialwirtschaft“ anwenden, das sich in überhöhter Form auch in der Beziehung von Menschen und Göttern wiederfinden lässt: die hethitische Gesellschaft ist der „Haushalt“ der Götter, in dem über den Kult die zwischen Göttern, dem König, der Elite und der übrigen Bevölkerung bestehenden Beziehungen gepflegt werden.

As far as the sources allow a judgement, the „religious“ and the „economic“ have been tightly linked in Hittite  Anatolia – as in other ancient societies to. This impression is partly biased by the character of Hittite sources. While religious texts are abundant, the record is nearly entirely devoid of economic and administrative documents. Nevertheless the Hittite state cult – the best documented sphere of Hittite society ever – is well suited to form the basis for a study of the interpendence of religion, economy and power in Hittite Anatolia.

The article presents a couple of the most characteristic texts, outlining the Hittite state cult and its embeddedness into social situation and ruling ideology. Following this line the „substantivistic“ and „formalistic“ approaches debated in contemporary scholarship for description of ancient societies are introduced. Most productive in the case of Hittite society seems to be the model of „Patrimonialwirtschaft“ developed by Max Weber. This economic scheme is reflected symbolically in the relations between men and gods: Hittite society is the „household“ of the gods and all relations affecting the king, the elite and other members of society are structured by cult.

Katja Eichner
„Indien: Viehzucht, Landwirtschaft und Handwerk - Bedeutung und Einfluss des Religiösen. Religion und Kaste?“

Das Kastenwesen in Indien entwickelte sich u.a. aus einem engen Zusammenspiel von Religion und Ökonomie und damit auch Politik in der Zeit von ca. 2000 v.Chr. bis ca. 500 n. Chr. Der Begriff Kaste wurde jedoch erst im 16. Jh. n. Chr. durch die Portugiesen geprägt. Urprünglich beschreibt er die beiden korrespondierenden Sanskritbegriffe varna und jati. Der Begriff Kaste versucht damit ein Zusammenspiel der sogenannten arischen Ständeordnung (varna) und der vorarischen Gentilgemeinschaft (jati) in eine europäisches Wertesystem einzuordnen.

„Ein Upadhyaya-Brahmane aus Benares, ein Primarschullehrer mit westlicher Bildung, versteht sich als Inder, wenn er ein Hockeyspiel gegen Pakistan im Fernsehen anschaut; als Banarsi (Bewohner von Benares), wenn er nach Delhi reist; als Brahmane, wenn seine traditionelle Abstammung gefragt ist; als nordindischer Upadhyaya-Brahmane, wenn er auf einen südindischen Nambudiri-Brahmanen trifft; als Upadhyaya-Brahmane mit dem Vasishtha-Gotra (Deszendenzgruppe), wenn er Heiratsverhandlungen für seine Tochter führt, als Familienoberhaupt, wenn es um Fragen der Besitzaufteilung geht. Niemals ist er nur Brahmane! Niemals ist er nur Mitglied einer Kaste!“ (Michaels, A., Der Hinduismus. Geschichte und Gegenwart, München 1998, S. 185.)

Für den Ethnologen Edmund Leach ist das Kastensystem ein Netzwerk von ökonomischen, politischen und rituellen Beziehungen. Er trifft damit den Kern meiner Fragestellung nach der Bedeutung und Beziehung von ökonomischen und religiösen Vorstellungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Kasten.

The caste system developed out of an interaction between religion and economy and therefore also politics between the 3rd millennium BC and the 5th century AD. The term caste was used in the 16th century AD by the Portuguese. Basically, it described the two sanskrit terms varna and jati. Caste tries to define the interplay of the Arian class system and the non-Arian communities integrated within the European value system.
„An Upadhyaya-Brahmane from Benares, a primary school teacher with western education, feels to be an Indian, while watching a hockey game against Pakistan, a Banarsi (inhabitant of Benares), when travelling to Delhi; a Brahman, when ask for his pedegree; a Upadhyaya-Brahman from northern India, while meeting a Nambudiri-Brahman from southern India, a Upadhyaya-Brahman with Vasishtha-Gotra (decendence group), when negotiating marriage of his daughter, pater familiae in case of property rights. Never is he only Brahman! Never is he only member of one caste!” (translated from: Michaels, A., Der Hinduismus. Geschichte und Gegenwart, München 1998, S. 185.)
For the social anthropologist Edmund Leach the caste system works as a network of economic, political and ritual relations. This describes in short the main point of my article; the question of the relevance and the relationship of economic and religious perception in the development of the caste system.

David A. Warburton

Ancient Egypt. A Monolithic State in a Polytheistic Market Economy

Die Ursprünge von Warenpreisen liegen in der Ideologie des altägyptischen Staates, der sowohl die Vorsetzungen für Preise und Löhne, als auch die für die Wirtschaft schlechthin schuf. Da es dabei in erster Linie um Herrschaft und Legitimation ging, spielten Religion und Wirtschaft nur eine geringe Rollen.  Obwohl Religion als ein unabhängiges Phänomen nur aus den Trümmern des ägyptischen Staates entstand, ist dieser sehr wahrscheinlich auch maßgebend für die Schöpfung dessen gewesen, was später Religion wurde.

Dementsprechend können weder Märkte noch Religion – geschweige denn Warenpreise oder das Heilige – getrennt von diesem Staat untersucht werden. Umgekehrt ist dieser Staat auch nicht fähig gewesen, deren Herrn zu werden. In diesem Sinn entstand Religion in unserem Sinne durch die Befreiung vom Staat, während die Märkte an dessen Untergang beteiligt waren. Ob der anschließende Erfolg von Religion auch mit dem Erfolg des Markts in der Folgezeit verbunden ist, bleibe dahin gestellt.

The origins of commodity prices lie in the ideology of the ancient Egyptian state, which was the context where not only prices and wages, but the conditions for “economy” itself were created. For the Egyptian state, sovereignty and legitimacy were the key issues, with religion and economy subsidiary matters. Although religion as an independent phenomenon only emerged from the ruins of the Egyptian state, this state was doubtless largely responsible for the creation of what later became religion.
Thus, neither markets nor religion – let alone commodity prices or the sacred – can be studied independently of this Egyptian state. However, this state was incapable of mastering either religion or economics.  In this sense, the emergence of religion as we know it depended upon its being liberated from the constraints of the state; by contrast, markets actually played a role in bringing about the fall of the state. Whether the subsequent success of religion should be causally linked to the subsequent conquests of the market is another matter entirely.

Kai Ruffing

Kult, Wirtschaft und Gesellschaft im römischen Ägypten - das Beispiel Soknopaiu Nesos
Die Zusammenhänge von Kult und Wirtschaft finden in der jüngeren Forschung eine verstärkte Aufmerksamkeit, wobei die Thematik für das hellenistische Ägypten keine jüngere Darstellung erfahren hat, obgleich sich der Urkundenbestand seit der grundlegenden Arbeit von Walter Otto stark vermehrt hat. Die vorliegende Fallstudie widmet sich dem Ort Soknopaiu Nesos, der in mehrfacher Hinsicht für die genannte Thematik von besonderen Interesse ist. Die Überlieferungslage für den Ort ist hervorragend, er zeichnet sich durch spezifische Standortfaktoren aus, die für die Wirtschaft von besonderem Interesse sind und bildet schließlich einen Hort der indigenen Kultur. Eine Analyse der wirtschaftlichen Gegebenheiten macht es wahrscheinlich, daß die einzige raison d’être der Tempel war. Dieser Tempel determinierte damit die Entwicklung des Ortes in jeder Hinsicht.

The recent research in Ancient History has often analysed the connections between cult and economy. For Hellenistic Egypt, the work of Walter Otto is still the main point of reference today, although, since the time of its publication nearly 100 years ago, the source base has been massively expanded by finds and new research. The study undertaken here, sets out to analyze the interdependence between cult, economy and society in Roman Egypt using the village Socnopaiu Nesus as an example for these structures. The village is taken as example, because of its quite spectacular amount of documentary papyri and its very special location factors, which made the village a shelter of indigenous Egyptian culture. The study of these topics shows, that the temple of Socnopaiu Nesus was probably the only raison d’être of the village. This temple determined the evolution of the village in every respect.

Katrin Adler

Marktl und der Papst. Beobachtungen und Überlegungen zum Verhältnis von Starkult, Wirtschaften und Religion

Marktl am Inn, ein kleines Dorf im östlichen Oberbayern, ist im letzten Jahr abrupt in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt: Hier wurde der aktuelle Papst Benedikt XVI. geboren. Seitdem kommen Besucher aus aller Welt in den Ort, auf der Suche nach spirituellem und wohl auch sensationslüsternem Erleben. Sie erschaffen sich, unabhängig von den Bemühungen der Gemeinde, des Freistaates Bayern und der katholischen Kirche, Räume und Objekte, die zwischen spiritueller und kommerzieller Ausbeute stehen: Das Geburtshaus des Papstes wird zur Stätte liturgischer Feierlichkeiten, ein Flugzeugsessel erhält höhere Bedeutung. Die Formen der Verehrung schwanken zwischen Wallfahrt und Starkult, wobei der Begriff „Starkult“ bereits zeigt, dass die Ausdrucksformen der Begeisterung für eine bestimmte Person früherer Heiligen- oder Heldenverehrung entnommen sind. In der Verehrung des Papstes und seiner persönlichen Umgebung treffen sich Wallfahrt und Popszene wieder. Nicht verwunderlich, entspricht doch die Figur des Papstes dem klassischen grand homme (Minois 2005), während andererseits im Zeitalter der Mediatisierung jeder grand homme dem gewöhnlichen Bürger zugänglich ist.
Die Wertschätzung einer bestimmten Persönlichkeit zieht offenbar zwangsläufig auch eine erhöhte Wertschätzung von Räumen und Objekten nach sich, die mit dieser Persönlichkeit in Bezug stehen. Ideeller Wert und (im weitesten Sinne) finanzieller Wert gehen Hand in Hand.

In 2005 the little village of Marktl am Inn in Upper Bavaria suddenly became known to the greater public: it is the birthplace of Pope Benedict XVI. Since then many visitors from all over the world have come to see this place, driven by a spiritual need as well as mere tourist curiosity. Thereby they have succeeded – independently of the community, the state of Bavaria and the Catholic Church – in creating situations and objects that vacillate between spiritual gain and commercial exploitation. Accordingly, the house in which Benedict XVI was born has become a place in which the mass and liturgical ceremonies are celebrated, and the airplane seat that he occupied while flying over Marktl has received a more transcendent value as an object of quasi-adoration. This adoration vacillates between that of a pilgrimage and the adulation of a star. On the one hand, the Pope fulfils all the criteria that are typical of the grand homme (Minois 2005), while on the other hand, nowadays this grand homme is within everyone’s reach. The German expression Starkult suggests itself that the adulation of modern stars is just a profane form of the ancient veneration of saints and heroes, mixed with aspects of Catholic pilgrimage. In the adoration of the Pope, both meet again. Holding a person in high esteem apparently automatically means appreciating places and objects that are related to this personas well. Hence, it is difficult to keep material and immaterial values apart.

Diamantis Panagiotopoulos
Kultabgaben und ‘symbolisches Kapital’ in der mykenischen Palastkultur
In den mykenischen Palaststaaten waren ökonomische und religiöse Praxis eng miteinander verbunden. Mykenische Götter und Heiligtümer wurden regelmäßig von staatlichen Institutionen, Kollektiven und Privatpersonen versorgt, haben allerdings auch als ‘selbständige’ ökonomische Zentren agiert. Innerhalb dieses komplexen Geflechts aus profanen, religiösen und zeremoniellen Handlungen hatten die kostbaren Gaben an die Götter eine zentrale Bedeutung inne. Das symbolische Potential dieser Preziosen, die den Mittelpunk von Kultzeremonien bildeten und wahrscheinlich nur innerhalb eines geschlossenen, außeralltäglichen Kreislaufs zirkulierten, scheint eine besondere, staatstragende Rolle gespielt zu haben. Die Umwandlung des ‘materiellen’ in ‘symbolisches’ Kapital hat in den mykenischen Palastzentren offensichtlich als eines der wichtigsten legitimierenden Fundamente der sozialen und politischen Ordnung fungiert.

In the Mycenaean kingdoms economic and religious practice were inextricably linked together. Mycenaean gods and sanctuaries received regular supplies from state institutions, groups and private persons, and at the same time acted as ‘independent’ economic centers. Within this complex network of profane, religious and ceremonial activities, precious offerings to the gods played a prominent role. The symbolic potential of such prestige objects, which formed the core of religious ceremonies and obviously circulated only within a closed, non-daily circuit, seems to have had a particular significance as a state-stabilizing agent. In the case of the Mycenaean palace centres the transformation of ‘material’ into ‘symbolic’ capital can thus be regarded as a crucial fundament justifying and legitimizing social and political order.

Petra Andrássy

Zur Organisation und Finanzierung von Tempelbauten im Alten Ägypten

Altägyptische Texte zeichnen bei der Darstellung der Organisation von Pyramiden- und Tempelbauten ein eher monolithes Bild. Ziel des Beitrags ist der Vergleich solcher Angaben mit nichtoffiziellen Quellen wie Baugraffiti, Ostraka und Papyrie, die einen differenzierteren Blick erlauben.

Der Pyramiden- und Tempelbau war eine wichtige Aufgabe eines größeren Systems öffentlicher Arbeiten. In diesem System war es üblich, Arbeiter oder Arbeitertrupps nach der aussendenden Person oder der Institution zu benennen. Im Vergleich mit den ausführlicheren Graffiti auf Blöcken von Pyramiden des Mittleren Reiches können auch die Namen und/oder Titel auf Blöcken der 5. und 6. Dynastie als solche von Offiziellen identifiziert werden, die Arbeiter zur Verfügung stellten. Diese Baugraffiti und darüber hinaus noch Ostraka aus den Tempeln der 18. Dynastie in Deir el-Bahari zeigen einen großen Kreis von Institutionen, Lokalitäten und Beamten, die Arbeiter oder andere Versorgungsgüter für den Bauprozess stellten. Einige der Beamten waren auch persönlich in den Bauprozess involviert. Auf den Baustellen sind normalerweise immer mehrere hochrangige Oberbaumeister gleichzeitig belegt, wenn auch die Art der Arbeitsteilung nicht immer erkennbar wird.

Ein gemeinsames Merkmal der Oberbaumeister der bedeutendsten Tempel ist, dass sie zur höchsten, die materiellen und menschlichen Ressourcen des Staates kontrollierenden Beamtenschaft zählen. Außerdem handelte es sich bei ihnen um erfahrene Organisatoren großer Menschenmassen, die in militärischen und nichtmilitärischen Expeditionen Erfahrungen gesammelt hatten. Ob sie auch die technischen Spezialisten waren, die für den architektonischen Entwurf und die notwendigen Kalkulationen zuständig waren, ist zumindest wahrscheinlich, da der Zugang zu derartigem Spezialwissen offenbar auf eine bestimmte Verwaltungsschicht beschränkt war. Deren Titelreihen umfasste jedoch nicht notwendigerweise auch den des „Vorstehers aller Arbeiten“. Dieser Titel wurde nur fallweise verliehen, was gegen die Existenz einer festen Abteilung „öffentliche Arbeiten“ in der staatlichen Verwaltung spricht.

Ägyptische Beamte waren verpflichtet, die ihnen ex officio zur Verfügung stehenden Materialien und Arbeitskräfte für öffentliche Arbeiten zur Verfügung zu stellen. Sie schonten aber auch ihr eigenes Vermögen nicht. Im Gegenzug akkumulierten sie Ansehen, materiellen Ausgleich, Tempelstatuen mit daran hängenden Stiftungen, Priesterstellen und nicht zuletzt Grabanlagen oder Grabausrüstung. Wie die vorliegende Untersuchung zeigt, trifft dies insbesondere für solche Beamte zu, die im Pyramiden- und Tempelbau engagiert waren. Im Fall der Oberbaumeister kann zudem gezeigt werden, dass sie die ihnen unterstellten Arbeiter auch für den Bau eigener Gräber nutzten, jedoch sicher nicht ohne zusätzlichen Einsatz privater Ressourcen und Arbeitskräfte. Weitere Zuwendungen kamen von Verwandten und Kollegen.

So gesehen waren die Bauarbeiten an Pyramiden, Tempeln und Gräbern im alten Ägypten Teil eines redistributiven Netzwerks von gegenseitigen Abhängigkeiten, das einerseits den Pharao und seine Beamten, andererseits auch die Elite untereinander verband. Es bildete unabhängig von seiner ideologischen oder religiösen Bedeutung einen den Staat. stabilisierenden Faktor.

In Ancient Egypt official texts draw a rather monolithic picture concerning organization and supply of workforce for the erection of pyramids and temples. The aim of this paper is  the comparison with sources of non-official character by the examination of relevant builders’ graffiti, ostraca and papyri, which revealed a more differentiated view.
The building of pyramids and temples was an important part of a wider system of public works. In this system it was usual to name single workers or workgroups after the person or institution sending them to work. Names and/or titles on pyramid blocks of the 5th and 6th dynasties can be identified as the suppliers of workforce, from comparison with the more elaborate graffiti on blocks of Middle Kingdom pyramids.
These builders’ graffiti together with the ostraca from the 18th dynasty temples at Deir el-Bahari show a broad circle of institutions, places and officials sending workers or other supplies for the building process. Some of these officials were also personally engaged in the work. At the building site, usually more than one high-ranking chief builder is known at the same time, whereas the actual division of labour is not always detectable.
A common feature of the chief builders of the most important temples was that they belonged to the highest ranking officials who controlled the material and human resources of the state. Moreover, they were skilled leaders of masses of workers, twith previous experience from leading military and/or non-military expeditions. Whether they were also the technical specialists responsible for architectural design and the necessary calculations, is not quite clear, but not improbable, because the access to this special kind of knowledge was clearly confined to a certain level of administrators. Their titles, on the other hand, did not always include that of the “overseer of all works”. The finding that this title was only occasionally given to them, argues against the existence of a fix branch “public works” as part of state administration.
Ancient Egyptian officials were obliged to make available for public works the material and human resources available to them ex officio. Nor did they exclude from such public expenditure their own private property. In return, they gained prestige, material recompenses, temple statues with corresponding donations, priestly offices, and last not least, tombs and/or tomb equipment. As the present investigation shows, this is especially applicable to those officials engaged in the construction of pyramids and temples. In case of the chief builders it could be shown, that they employed for their own tomb building the workforces assigned to them, though doubtless not without mobilising private personnel and resources, too. Other contributions came from relatives and colleagues.
Thus, pyramid, temple and tomb building in Ancient Egypt was part of a redistributive network of mutual obligations which connected Pharaoh and his officials on the one hand, and the officials among themselves on the other. In this sense it formed a stabilising factor of the state far beyond its ideological or religious importance.

Ben Haring

Ramesside Temples and the Economic Interests of the State: Crossroads of the Sacred and the Profane

Der Aufsatz untersucht die Art und Weise, in der die ägyptischen Tempel der Staatswirtschaft dienten, und wie die wirtschaftlichen Interessen des Staates in Inschriften der Ramessidenzeit ausgedrückt bzw. verschleiert werden. Es sind hierbei drei Ebenen zu unterscheiden: a. die religiöse Darstellung des Tempels und ihrer wirtschaftlichen Aktivität; b. der Tempel als reale wirtschaftliche Organisation; c. der Tempel als wirtschaftliches Instrument des Staates. Zwei Fallbeispiele werden besprochen: (1) die königlichen Gedächtnistempel in Theben-West, (2) die Dekrete Sethos I. in Nauri und Kanayis.

This paper concentrates on the ways in which Egyptian temples served the economic interests of the state, and how these interests are presented, or rather concealed, in royal inscriptions of the Ramesside Period. This subject can be analysed on three levels: a. the religious presentation of the temple and its economic resources and activities, b. the temple as a real-life economic institution, c. the temple as an economic instrument of the government. Two case studies will be presented: (1) the royal memorial temples in Western Thebes, and (2) the decrees of Seti I at Nauri and Kanayis.

Renate Müller-Wollermann

Die ökonomische Bedeutung von Tempelschatzhäusern
Schatzhäuser von Göttertempeln sind ab dem Neuen Reich hinlänglich bezeugt. Während ausgiebig belegt ist, womit diese gefüllt wurden, blieb bislang weit weniger klar, wie diese Schätze verteilt wurden. Es zeigt sich, daß sie nicht nur innerhalb des Tempels Verwendung fanden, sondern auch wieder in den gesamtwirtschaftlichen Kreislauf eingebracht wurden. Tempelschatzhäuser waren u.a. die Sparschweine der Nation. Zudem fungierten sie in der Spätzeit als Ausgabestelle normierter Silberstücke, der Vorläufer von Münzen.

Since the New Kingdom there is sufficient evidence for treasuries of temples of gods. Whereas their contents are extensively attested, it is much less obvious, in which way these treasures were distributed. It turns out that they found a use not only within the temples, but were also brought into the circulation of the entire economy. Temple treasuries were inter alia the piggy banks of the nation. Moreover, in the Late Period they were the issuing agency of normative pieces of silver, the forerunners of coins.

Panagiotis Kousoulis  und Ludwig D. Morenz

Ecumene and economy in the horizon of religion: Egyptian donations to Rhodian sanctuaries

Der Beitrag diskutiert morphologische Charakteristika ägyptischer und ägyptisierender Weihgaben an Heiligtümern auf Rhodos. Dabei wird die Funktion und Kontextualisierung dieser Objekte in den breiteren Kontext der internationalen Beziehungen im 7. und 6. Jh. v.Chr. gestellt. Sie können als Ausdruck der Bemühungen der saitischen Könige der 26. Dynastie angesehen werden, politische und soziale Beziehungen  mit den Hauptkultorten der Ägäis und der Levante wiederherzustellen.

Die Objekte selbst wurden nicht verändert, nur die Art ihrer Rezeption – für Ägypten waren es Exporte, auf dem griechischen Festland bzw. in unserem Fall auf Rhodos waren es Importe – und wahrscheinlich auch ihr Status und Wert. Lafinneur spricht sich für eine breitere Basis bei der Untersuchung von importierten ausländischen Objekten aus, um so nicht nur künstlerische Ähnlichkeiten zu berücksichtigen, sondern auch weitere Aspekte des Austausches, wie  z. B. Rohmaterialien und Güter, die nicht in ihrer ursprünglichen Form erhalten blieben,  handwerkliche Fertigkeiten und Wissen, das im Ausland erworben werden konnte und schließlich ebenso religiöse Vorstellungen und Kultpraktiken.

Die Weihgabe Necho II. an das Heiligtum der Athena Ialysia ist ein original ägyptisches Objekt, das, auch wenn es die traditionelle Rolle einer königlichen Gabe spielte, dennoch  dem international-synkretistischen religiösen Hintergrund der empfangenden Kultur angepasst war. Auch wenn keine Informationen zu den ideologischen Komponenten dieser Votive erhalten sind, so belegen die lokal hergestellten ägyptisierenden Objekte – nicht nur Skarabäen  und Gefäße, sondern vor allem die große Anzahl von Amuletten und Fayancestatuetten – dass die Bewohner von Rhodos mit ägyptischen Glaubensvorstellungen vertraut waren. Eine Art von “Sakralisierungsritual”, in dem die Objekte von der weltlichen in die sakrale Sphäre transformiert wurden, sollte stattgefunden haben.

Gleichzeitig umreißen diese Weihgaben die bedeutende Rolle, die die rhodischen Heiligtümer auf internationaler Ebene in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausend v.Chr. spielten. Neben ihrer Funktion als Sammelplätze und Treffpunkte für Kunstwerke aller Art konnten die griechischen Heiligtümer in der Dodecanesis, insbesondere auf Rhodos und Kos, aber auch die auf Samos und der übrigen Ägäis, bestimmten religiösen, ökonomischen und sozialen Beziehungen dienen – ähnlich denen der orientalisch-ionischen Welt – die ausländische Herrscher zu pflegen wünschten. Sowohl Psammetich I. und Necho II., und später auch Amasis und Apries, nutzen sie offenbar als Instrumente der Außenpolitik, um ihre Beziehungen zu den griechischen Staaten zu festigen, mit denen sie verbündet waren und deren Führer sie tatsächlich oder potenziell benötigten. Außerdem bezeugen solche Weihgaben  – sowohl Originalobjekte oder Imitationen ägyptischer Prototypen – eine Periode starker interkultureller  Aktivitäten auf ökonomischem und religiösem Gebiet, die durch die Existenz eines bereits etablierten Netzwerkes im Nord-Süd-Handel erleichtert wurden, das Ionien mit dem Nildelta und die Syrisch-phönikische Küste mit Italien und Sizilien verband.

We discuss morphological characteristics of Egyptian/Egyptianising donations to Rhodian sanctuaries and the functionality and contextualisation of these objects within the broader nexus of the international relations of the 7th and 6th centuries BC, which can be seen as an epitome of the continuous attempts by the Saite kings of the Twenty-sixth Dynast to re-establish a political and social link with major cultic centers in the Aegean and the Levant.

The objects themselves were not changed; only the nature of their reception – to Egypt they were exports, to the Greek mainland or, in our case, Rhodes they were imports – and possibly its status and worth. Lafinneur argues in favour of a broader base when investigating imported foreign objects, one that takes into consideration not only artistic similarities, but multiple aspects of exchanging, such as raw materials and commodities that have not been preserved in their original shape, skills in craftsmanship and knowledge, that could be learned from abroad, and also religious beliefs and cult practices.    

The votive gift of Necho II to the sanctuary of Athena Ialysia is an Egyptian product, which, although bearing the traditional role of a royal gift, was also adapted to the international syncretistic religious background of the receiving culture. Although no information survives on the ideological component of these votive offerings, the locally manufactured Egyptianising objects – not only the scarabs or the vases but, mainly, the vast number of amulets and faience statuettes – clearly exemplify that Rhodians had gained insight into Egyptian religious beliefs. Thus, they were probably familiar with the significance of at least some of these objects. A kind of accompanying “sacralisation ritual”, in which the objects were transformed from mundane to sacred sphere, must have taken place.

At the same time, such donations epitomised the significant role that Rhodian sanctuaries played within the international setting of movement and emporium of the second half of the 1st millennium BC. Besides their function as collecting points and meeting places for art works of all sorts, the Greek sanctuaries in the Dodecanese, especially on Rhodes and Kos, as well as those on Samos and the rest of the Aegean world, could serve certain religious, economical and social parameters – similar to those of the oriental Ionian world – that foreign rulers wished to cultivate. Both Psammetichus I and Necho II – and later Amasis and Apries – evidently used them as instruments of foreign policy to cement relations with Greek states with whom they were allied and of whose members they had actual or potential need. In addition to that, such votive gifts – either genuine objects or imitations of Egyptian prototypes – indicate a period of intense cross-cultural interactivity in the sphere of economy and religion, which, facilitated by the existence of an established north-south trade network, connected Ionia with Nile Delta, and the Syrian/Phoenician coast with Italy and Sicily. 

Michael H. Zach

Ware Mensch: „Heiliger Akt“ oder profaner Tod? Menschenopfer im religiösen Leben Meroes?
Die Reliefszenen auf den Hinterwänden der Pylonentürme des Apedemak-Tempels von Naqa zeigen gebundene und mittels einer Standarte gepfählte Gefangene, wie dies auch durch eine Sandsteinstatue aus dem Amuntempel von Tabo illustriert ist. Beide Belege stellen den gleichen Fremdvölkertypus dar, der aufgrund von kurzen Inschriften auf Bronzeplaketten aus Napata und einer Statuette aus Meroe, die identische ethnische Züge aufweisen, mit Nubiern identifiziert werden kann. Ihre direkte Darstellungsweise reflektiert eine meroitische Eigenart und nicht die Adaptierung einer ägyptischen Vorlage, obwohl Pfählung seit der Zeit des Neuen Reiches praktiziert wurde. Trotzdem finden sich hier keinerlei bildliche Darstellungen mit Ausnahme eines Determinativs auf der Stele des Merenptah aus Amada, welche die Niederlage und Exekution von Libyern beschreibt. Es mag in Erwägung gezogen werden, daß die nubische Herkunft der Stele eine lokale Methode des Umgangs mit gefangenen Feinden reflektiert. Bedeutende Unterschiede lassen sich nicht nur in prozeduralen Details, sondern auch dem generellen Umfeld erkennen. Während in Ägypten Pfählung als Hinrichtungsart innerhalb eines Strafenkatalogs für Kapitalverbrechen diente, blieb sie in Meroe ausschließlich Feinden und speziell ihren Häuptlingen vorbehalten. Parallelen hierzu lassen sich in Aksum erkennen, wo Kriegsgefangene den Tempeln als Opfer an die Götter übergeben wurden. Da sich der meroitische Befund auf Tempel beschränkt, scheint es möglich, daß die Pfählung (spezieller) Feinde im Rahmen bestimmter Zeremonien durchgeführt wurde, die als „Investition“ an die Götter in der Hoffnung auf adäquate Gegenleistung oder als Dank für bereits erbrachte göttliche Taten anzusehen sind.

The relief scenes on the rear pylon walls of the Naqa Apedemak temple show bound prisoners impaled by a standard, as also illustrated by a sandstone statue originating from the vicinity of Tabo Amun temple. Both records reproduce the same type of foreigners, which may be identified with Nubians according to some short inscriptions to be found on bronze plaques from Napata and a statuette of the same material from Meroe representing prisoners with identical ethnic features. Their direct style reflects a Meroitic peculiarity and not the adoption of an Egyptian pattern, though impaling was practised there since the New Kingdom period. However, Egyptian evidence lacks any pictorial representations except for a determinative in the Merenptah stele from Amada, describing the defeat and execution of Libyans. One may consider that the stele’s Nubian origin reflects a local custom of treating captured enemies. Significant differences can be seen in not only procedural details, but also the general setting. Whereas impaling in Egypt was a preferred method of capital punishment within a catalogue of penalties, in Meroe it seems to have been reserved exclusively for enemies and especially their chiefs. Parallels can be traced in Aksum, where prisoners of war were donated to the temples for offering them to the gods. Since Meroitic evidence is restricted to temples, it seems therefore possible that impaling of (special) enemies was conducted in the course of distinct ceremonies, which can be viewed either an “investment” to the gods in expectance of an adequate equivalent or a thank-offering for previous divine benefits.

Marc Loth
Werte von Materialien: Bau- und Denkmalsteine

Die Auswahl von Materialien im Alten Ägypten und insbesondere ihre Imitation werden häufig mit den unterschiedlichen Werten der Materialien begründet, wobei hier Wert meist (implizit) als ökonomischer Wert verstanden wird.

Die Bezeichnungen und Texte zu Bausteinen ermöglichen die Identifizierung der Werte, die ihnen zugeschrieben wurden: Dauerhaftigkeit, Festigkeit, Qualität, Wirksamkeit, Schönheit, Atmosphäre, Farbe, Reinheit, Klarheit, Glanz, Struktur, Größe und Erhabenheit, Herkunft, Heiligkeit und Neuheit. Diese Werte können einen ganzen Anzahl von modernen Wertklassen zugeordnet werden: ökonomischen, technischen, religiösen und magischen, politischen, kulturellen, soziologischen, ästhetischen, psychologischen und emotionalen Werten.

Die Suche in ägyptischen Listen von Baumaterialien und in der archäologisch nachweisbaren Verwendung ergibt folgende Hierarchie:
1.    Edelmetalle und Halbedelsteine
2.1. Halbedelsteine und Steine für kleinere Objekte, bes. Statuen (Jaspis, Serpentinit, Obsidian, Marmor u.a.)
2.2. härtere Steine (Granit, Granodiorit, Quarzit, Kalzit (ägyptischer Alabaster), Basalt)
2.3. weit verbreitete, weichere Steine (Kalkstein, Sandstein)
3.    Nilschlammziegel und organische Materialien

Eine feinere Hierarchie kann innerhalb der Bausteine aus verschiedenen Gründen nicht identifiziert werden: die große Anzahl der geltenden Werte aus verschiedenen Wertklassen und ihr historischer Wandel, die mit den Materialien und den Bauteilen verbundenen Bedeutungen und die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen.

Die Betrachtung von Materialimitationen und kulturellen Transformationen von Materialien zeigt, dass diese Phänomene durch das Zusammenwirken verschiedener Werte und Wertklassen besser verstanden werden können.

The value of materials is often given as an explanation for the selection of materials and especially their imitation in Ancient Egypt. This value seems to be understood (implicitly) as an economic value in most of these cases.
The Egyptian terminology of, and texts about, building stones allow us to identify the values which were connected to them: durability, hardness, quality, effectiveness, beauty, atmosphere, hue, purity, opacity, brilliance, structure, size and grandeur, source, sacredness und newness. These values can be assigned to a wide range of modern classes of value: economic, technical, religious and magical, political, cultural, sociological, aesthetic, psychological and emotional values.

The search in the Egyptian lists of building materials and in their archaeologically attested use yields the following hierarchy:
1.    precious metals and semiprecious stones 
2.1. semiprecious stones and stones for smaller objects, especially statues (jasper, serpentinite, obsidian, marble, etc.)
2.2. hard stones (granite, granodiorite, quartzite, calcite (Egyptian alabaster), basalt)
2.3. widely available, softer stones (limestone, sandstone)
3.    mud-brick and organic materials

Any more exact hierarchy of the building stones cannot be identified for several reasons, notably: the great number of values and classes of values involved and their historical change, the meanings which are connected to the materials and the parts of buildings and the political and economic situation.
Consideration of the imitations and cultural transformations of materials shows that these phenomena can be better understood as interplay of different values and classes of values.

Souad Slim  
Christian Waqf in the Frame of Muslim Sharia': a polemic on destination and beneficiaries of waqf

Waqf-Stiftungen sind eine der wichtigsten religiösen und sozialen Institutionen im Islam. Sie stellen die permanente Widmung von Kapitalien zugunsten von Familien oder religiösen Institutionen dar und sind auf die Wohlfahrt der Gesellschaft gerichtet.

Sowohl christliche als auch muslimische Waqf-Institutionen erlebten einen Verbreitungshöhepunkt in der ottomanischen Zeit. Christliche Stiftungen wurden von Priestern oder Mönchen entsprechend dem von den islamischen Gerichten gepflegten shari’a-Recht verwaltet. Die weite Verbreitung von Waqf-Stiftungen unter der christlichen Bevölkerung des Reiches stellt einen originellen Aspekt bei der Untersuchung des kommunalen Gleichgewichts zwischen den Anhängern beider Religionen dar.

Die Bedeutung der an den Waqf gebundenen Ländereien für die Wirtschaftsgeschichte des Libanon ist hoch. Dabei verfolgt die Forschung unterschiedlicher Ansichten bei der Evaluierung der Rolle des Waqf im ökonomischen Leben der Region. Die Geistlichkeit ist eng mit den muqata’gis verbunden, den reichen Landbesitzern, die den Boden als wichtigste Produktionsquelle monopolisierten und gemeinsam mit der städtischen Bourgeoisie die steuerpflichtige Bauernschaft mit hohen Zinsen belasteten. Die Ausbreitung der Klöster band den Libanon durch den Seidenhandel in den internationalen Handelsverkehr ein. Andere stellen die humanitäre Rolle der Klöster heraus und deren Fähigkeit, ihre Institutionen an die Moderne anzupassen. Sie wandelten ihre Gebäude in Schulen um und zahlten Steuern direkt an die muqata’gis, so dass die Bauern nicht in direkten Kontakt mit ottomanischem Militär gerieten.

Neben diesen unterschiedlichen Positionen zum Waqf gibt es vor allem unterschiedliche Ansichten darüber, wer die Nutznießer des Waqf sein sollten.

1- Entsprechend dem islamischen Recht stellt die Bedingung der Kourba fest, dass von nicht-muslimen getätigte Stiftungen nur dann rechtmäßig sind, wenn ihre Ziele nicht dem Islam widersprechen und sie nicht für den Bau von Kirchen und Klöstern bestimmt sind. Daher wurden christliche Waqfs in der ottomanischen Zeit immer im Namen der Armen der Kirche oder des Klosters getätigt.

2 – Artikel 12 des kanonischen Rechts erkennt das Recht des Bischofs an, den kirchlichen Besitz zu verwalten. Er verbot Äbten und Bischöfen die Übertragung von Land an Fürsten oder Adlige. Die Christen der ersten Jahrhunderte hatten zahlreiche Institutionen der gegenseitigen Hilfe und Armenfürsorge gegründet.

3 -  In einem Artikel zum Waqf bezieht Bischof Georges Khudr eine anthropologische Perspektive und führt die Idee des Waqf auf die Institution des Gemeineigentums zurück. Von niemandem direkt besessenes Land wurde von der Gemeinschaft als Erbe ihrer Vorfahren betrachtet. Der Verfall der Landeinkünfte führt bei diesen Gemeinschaften oder Dorfbewohnern zu Überlegungen, über diese Waqfs zu verschiedenen Zwecken zu verfügen.

Waqfs are one of the main Islamic religious and family institutions; they are deeds bestowed permanently upon family and religious institutions. They are dedicated to the welfare of the society.
The waqf institutions of the Christian as well as the Muslim communities reached the peak of their expansion during the Ottoman period. Christian domains were exploited by priests or monks under the laws of the shari'a managed by the Islamic court of justice. The expansion of waqfs among Christian population of the empire represents an original aspect of the study of communal equilibrium between the followers of the two religions.
The impact of waqf land on the economic history of Mount Lebanon is very important. Researchers and scholars have adopted different attitudes towards the role of waqf in the economical life of this region. Clergy is assimilated with the muqata'gis, notables who monoplizes the land as main source of production, and along with the bourgeoisie of the cities they weighed down the indebted peasantry with high interest charges. The expansion of monasteries introduced Mount Lebanon to the international market through the trade of silk. Others consider mainly the humanitarian role of the monasteries and their aptitude to adapt their institutions to modernity. They transformed their buildings into schools, and they paid taxes directly to the muqata'gis so the peasants would not have to deal with the Ottoman soldiers.
Along with those different attitudes towards waqf, we find conflict of opinion on identifying the beneficiaries of waqf.
1- According to Islamic law, the condition of Kourba considered that foundations made by non-muslims are only valid if their aim is not contrary to Islam, and so if they are not destined for constructing churches or monasteries. Therefore, during the Ottoman period, Christians waqfs were all founded and named in favour of the poor of the church or of the monastery.
2- In canon law, article 12 recognizes the bishop's right to administer church property. It forbade abbots and bishops transferring lands to temporal princes and notables. The Christians of the first centuries had created numerous institutions for mutual aid and for relief of the poor.
3- In an article on waqfs, Bishop Georges Khudr, taking an anthropological perspective, traces the idea of the waqf to the institution of common property. Lands belonging to no one were held by the community as the inheritance of its ancestors. Decline in land revenues lead those communities or villagers to consider disposing of those waqfs for different purposes.

Martin Fitzenreiter

Statuenstiftung und religiöses Stiftungswesen im pharaonischen Ägypten. Notizen zum Grab des Pennut (Teil V).

Ein in der Grabanlage des Pennut von Aniba in Nubien aufgezeichneter Text aus dem späten Neuen Reich (ca. 1150 v.u.Z.) beschreibt eine Reihe von Landstücken, die zur Betreuung des Kultes an einer Statue des regierenden Königs im Haupttempel von Aniba gestiftet wurden.

Im ersten Teil der Untersuchung wird dieser Text und der durch ihn beschriebene Vorgang in Beziehung zu verwandten Quellen gesetzt: zu weiteren Stiftungstexten aus dem Neuen Reich; zu Belegen über die Einrichtung von Statuenkulten; und schließlich zu ökonomischen Texten, die aus funerären Anlagen stammen. Anschließend an die Präsentation dieser sehr heterogenen Materialgruppe wird versucht, die darin vorliegenden Angaben zu ökonomischen Fragen mit dem eigentlichen sakralen Zweck der jeweiligen Stiftung in Beziehung zu setzen. Es wird dargelegt, dass die Präsentation von Verwaltungsakten mit juristischem und ökonomischem Inhalt als Teile von umfangreicheren Ereignisnarrativen in Schrift und Bild zu sehen ist, in denen die Grundlegung neuer Kulte beschrieben werden. Primäres Ziel dieser Kulte ist – ökonomisch formuliert – die Produktion von Heilsgütern, zu deren Erzeugung eine Institution aus dem als Generator des Heilsgutes fungierenden Kultobjekt (= Statue), den im Kult handelnden Personal (= Priester) und den zum Unterhalt des Kultes notwendigen Opfern und deren ökonomischer Grundlagen (= Stiftung aus Landbesitz oder Versorgungsansprüchen) gebildet wird. Neben dieser, dem Feld einer sakralen oder symbolischen Ökonomie zuzuordnenden Produktion von Heilsgütern bildet der habituelle Vorgang der Stiftung / Einrichtung einer Kultinstitution auch die Grundlage für vielfältige Aktivitäten im Feld der dinglichen Ökonomie, insbesondere bei der Übertragung von Besitzansprüchen.

Im letzten Teil wird dargelegt, dass die Präsentation des Stiftungstexts in der funerären Anlage des Pennut weniger darauf abzielt, Landbesitz zu demonstrieren, als vielmehr den erfolgreichen ”Betrieb” der Königsstatue, deren Existenz zur Legitimation einer de facto selbstständigen Herrschaft des Pennut führte. Das durch den ”Betrieb” der Statue generierte symbolische Kapital besaß für Pennut deutlich höheren Wert, als die in der Stiftung versammelten dinglichen Güter.

A long inscription in the Nubian tomb of Pennut of Aniba from the late New Kingdom (about 1150 BCE) records a number of fields donated to support a cult for the statue of the living king in the main temple of Aniba.
The first part of the study places the text in a wider context of related sources: other foundation texts from the New Kingdom; evidence for the implementation of statue cults; economic texts from tombs. The presentation of this quite disparate bundle of data is followed by an attempt to set the economic data in relation to the sacral purpose of the given foundation. It is argued, that the presentation of juridical and economic documents forms only part of a more elaborate narrative in text and picture presenting the installation of a new cult. The aim of these cults consists – economically speaking – in the production of Heilsgüter. For this purpose an institution is formed consisting of the cult object (statue) as generator of the Heilsgut, people acting in the cult (priests), and offerings providing an economic basis (foundations consisting of fields or titles of deliveries).  Apart from the production of Heilsgüter, belonging to the field of sacral or symbolic economy, the habitual activity of founding cult institutions creates a pattern for a wide range of activities in the field of material economy, especially for the transfer of property rights.
The last part argues that the presentation of the foundation text in the tomb of Pennut has the primary aim not to document land ownership, but to demonstrate the successful ”operation” of the statue of the king, thus supporting the de facto independent rule of Pennut in his province. The symbolic capital generated by the statue was of much more value for Pennut than the material possessions accumulated in the foundation.

Stefan Grunert

Per-Dschet  - religiöser Egoismus oder egoistische Ökonomie ?

Die religiös bedingte altägyptische Nach-Lebens-Vorsorge für das ewigliche Sein im Jenseits war ein ökonomisch relevantes Geschäft: Die erbrachten Opfergaben waren durch den sich dessen /Ver-sichernden/ real nicht konsumierbar und verblieben im Prozess der altägyptischen Produkt-Zirkulation. Durch den Wechsel des realen, mit Namen benannten Eigentümers ist in einzelnen Fällen für das Alte Reich gesichert nachweisbar, dass zumindest partielle Produktionsstätten sowie deren Erzeugnisse oder zumindest entsprechende Bezugsrechte privatrechtlich im Sinne von Eigentum genutzt worden sind. Als Objekt einer normalen, letztlich moralisch begründeten Erbfolge wäre dieses Eigentum im Verlauf weniger Generationen bis ins Kleinste zerteilt worden und folglich weder im Sinne des vorsorglichen Erblassers, noch im Sinne nachfolgender potentieller Kleinst-Erben nutzbar gewesen. Bei einer Institutionalisierung blieben jedoch die gewünschten Produkte und Leistungen für beide Seiten verfügbar.

In entsprechenden privaten Rechtsurkunden sind wirksame Verfügungen überliefert, die nicht nur einen nachfolgenden privaten und damit letztlich egoistischen Handel von Anteilen an diesen In-stitutionen, die als Per-Dschet bezeichnet wurden, verboten. Sie beinhalten Bestimmungen gegen jegliche Aktion, die zur Schmälerung der Leistung für den Erblasser und damit zu einer Schädigung der Institution hätte führen können.

Da aber die realen Produkte unbeschadet mehrere Transformationsprozesse überstehen und damit mehrfach verwendet werden konnten, wächst die Zahl ihrer Nutznießer: im realen Leben die der im Ritual tätigen Totenpriester und dann nach bzw. mit ihrem Tod die Zahl der Empfänger im Jenseits. Durch ihre Dienstleistung zu Lebzeiten hatten sie reale Bezugsrechte ihres Dienstherren erhalten, der anfangs aufs Engste mit dem jeweiligen Pharao verbunden war. Gerade jene diesbezüglichen Listen zeigen aber auf, dass mit der zeitlichen Dauer des Leistungsbezuges und dem damit verbundenen historischen Abstand zum ursprünglichen pharaonischen Erblasser alte Bezugsrechte zu Gunsten neuer Erblasser erloschen und neu vergeben wurden -- entscheidend war, dass die für das Opfer zuständige Institution, das Per-Dschet, erhalten blieb. Sie erweist sich damit als deren eigentlicher Nutznießer.

According to ancient Egyptian religious beliefs, survival in the hereafter depended upon a supply of offerings. During the Old Kingdom, the economic importance of the /per-djet/, the institution created to insure the supply of offerings - from production through delivery to eventual consumption - is attested, inter alia, by various surviving documents. These texts show that individuals who endowed such institutions were concerned to preserve them intact over successive generations. Clauses prohibited the sale of part or all the properties involved which could (or would) exercise a negative incluence on the testator's continued existence in the afterlife.
Because the "products" of the /per-djet/ were in fact not consumed by the deceased (nor could they be) but rather by those responsible for maintaining the cult (through the process known as "reversion of offerings"), the number of those relying on the institution steadily increased, both during their own lifetimes and thereafter when they, too, became beneficiaries in the hereafter. Lists of beneficiaries show that with the passage of time, they entered into new contracts, in turn becoming testators. Thus the institution of the /per-djet/ itself was effectivly its own beneficiary.

Kathlyn M. Cooney

The Mechanism of Functional Materialism: a Case Study of Funerary Materials in the Ramesside Period
Die ägyptische funerären Praxis war kostspielig. Dennoch werden die Kosten dieser Aktivitäten für Individuen und Gruppen selten berücksichtigt, möglicherweise, weil unsere Faszination für das funeräre Glaubenssystem die Diskussion der eher weltlichen ökonomischen Aspekte unterdrückt hat. Der Beitrag verfolgt einen kontextuellen Zugang zum ägyptischen ‛funerären Materialismus’, in dem die sozialökonomischen Ziele von öffentlichem Ansehen und Zurschaustellung mit der individuellen Sorge um den Übergang in das Jenseits verbunden werden. Im Zentrum steht eine Fallstudie der funerären Ausrüstung, speziell von Särgen, aus der Ramessidenzeit und der 21. Dynastie (ca. 1300-900 v.u.Z.). Funeräre Objekte, insbesondere die Särge, sind multifunktional, indem sie gleichzeitig mit sozialer, ökonomischer und ideologischer Bedeutung indiziert sind. Alle diese Funktionen erzeugen den soziokulturellen Druck, einen möglichst eindrucksvollen Satz an funerärer Ausrüstung zu erwerben – bis an die Grenzen der finanziellen Möglichkeiten. In diesem Beitrag schlage ich den Begriff functional materialism vor, um einen kulturellen Mechanismus zu beschreiben, der in hierarchischen Gesellschaften die Aufwendung von ökonomischem Surplus für sozioökonomisch und religiös aufgeladene Objekte stimuliert, in denen miteinander verknüpft rituelle und repräsentative Sinn- und Funktionsebenen materialisiert werden.

Egyptian funerary practices were expensive, but rarely do we consider the costs of these activities to Egyptian individuals and communities, perhaps because our fascination with religious funerary belief systems has suppressed discussion of the more mundane economic aspects. This paper presents a contextual approach to Egyptian funerary materialism, connecting the socioeconomic concerns of prestige and display with the personal ideological concerns of transition to the next world. The focus is a case study of funerary material, particularly coffins, of the Ramesside Period and Twenty-first Dynasty (approximately 1300-900 BCE). Funerary objects, especially coffins, are multi-functional, holding social, economic and ideological meanings simultaneously. All of these functions reinforced sociocultural pressure to purchase the most impressive array of funerary equipment - to the very limits of one’s financial ability. I suggest the term functional materialism in this paper to describe a cultural mechanism at work in a hierarchical society, encouraging expenditure of economic surplus for socioeconomically and religiously charged material objects in which multiple, interacting ritual/prestige purposes are embodied concurrently.

Zainab Sayed
Ökonomie der Altägyptischen Feste
Feste hatten wirtschaftliche, politische und soziale Funktionen. In diesem Beitrag geht es um die Beziehung zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und Festen im alten Ägypten. Das Augenmerk richtet sich dabei auf die Finanzierung der Feste, aber auch auf die Beziehung zwischen Festen und Handel und auf die Frage, welche Bevölkerungsgruppen von den Festen bzw. von den Festopfern profitierten.

Religious feasts should be understood as complex social, economic and political phe-nomena. The paper focuses on the relationship between economic activities and feasts in ancient Egypt. It considers the financing of the feast, the interactions between feast and trade, and the population groups which profited from the feasts.

Beat Schweizer

Zwischen Naukratis und Gravisca: Händler im Mittelmeerraum des 7. und 6. Jhs. v. Chr. empórionport of tradeextraurbanes Heiligtum: von der xenía zur emporía
Anhand archäologischer Zeugnisse aus Naukratis in Ägypten, von Aigina in der Ägäis und aus Gravisca in Etrurien wird die Spur des Sostratos von Aigina aufgenommen, jenem  naúkleros, mit dessen Handelsgewinnen – nach Herodot – ‚niemand konkurrieren kann’. Auf dieser Basis werden drei Schlüsselkonzepte der archäologisch-historischen Forschung diskutiert, mit denen soziale Räume des archaischen Mittelmeerhandels beschrieben werden können: empórion – port of trade – extraurbanes Heiligtum. Abschließend wird versucht, die historische Entwicklung archaischen Austauschs zu erfassen: von der xenía zur emporía

Archaeological evidence from Naukratis in Egypt, Aegina in the Aegean and Gravisca in Etruria is used to follow the track of Sostratos of Aigina, that naukleros, with whose profits – according to Herodotus – ‘none can compare’. On that basis are discussed three key-concepts of archaeological-historical research, which allow us to describe the social spaces of archaic Mediterranean trade: emporion – port of trade – extra-urban sanctuary. In concluding, an attempt is made to record the historical development of archaic exchange: from xenía to emporía.

Joachim Friedrich Quack

Saatprobe und Kornosiris
Die wichtigsten Feiern im Kult des Osiris finden im Monat Choiak statt. Dabei kommt auch die Figur eines „Kornosiris“ zum Einsatz. Das Datum der wichtigsten Rituale liegt direkt vor dem idealen Beginn der Aussaat. Unter Heranziehung spätantiker griechischer und arabischer Quellen kann aufgezeigt werden, daß es einen Brauch gab, vor der Aussaat eine Probe des Saatgutes auf Keimfähigkeit durchzuführen. Normalerweise wird dafür der Termin des heliakischen Frühaufgangs des Sirius angegeben, der angesichts der Relevanz dieses Datums als Neujahrstermin zu einer ägyptischen Herkunft des Konzeptes paßt, allerdings eine erhebliche zeitliche Distanz zur realen Aussaat bedeutet. Hier wird vorgeschlagen, daß die Gebilde aus gekeimtem Getreide, welche die Ägypter religiös behandelt haben, eine ritualisierte Umsetzung eines praktischen landwirtschaftlichen Brauches vor der Saat darstellt. Dies ist auch für die Frage relevant, wie ursprünglich die Verbindung des Osiris zum Getreide ist.

The most important festivals of Osiris took place in the month of Khoiak. They involved the figure of a “corn mummy”. The date of the main rituals is immediately before the ideal beginning of sowing. Using late antique Greek and Arabic sources, it can be shown that there was a custom of testing the germination of the seeds. The date indicated for this is usually the heliacal rise of the Sirius star. This is fitting for an Egyptian background given the nature of this date as the Egyptian New Year, but it makes for a considerable distance from the real date of sowing. It is proposed here that the object made from germinated grain and ritually treated by the Egyptians is a ritualised transformation of a real agricultural custom done before sowing. This result is also relevant for the question of how original the connection of Osiris with grain really is.